Gefährliches Halbwissen

- Schuster - bleib bei deinen Leisten! -  

Gestern war ich bei einem in der Region ansässigen Metzger, um mich über seiner Hundewurst zu erkundigen.

Folgende Angaben kann man vom Etikett ablesen:

Hersteller (Name des Metzgers)
Verwendungszweck: Tierfutter
Gewicht: 800 g
Preis:  1,99€
Haltbarkeitsdatum

Da die Angaben auf dem Etikett nicht sonderlich aufschlussreich sind und es auch keine weiteren Informationen am Kühlregal gab, außer der Aufschrift „Hundewurst“, habe ich natürlich etwas genauer bei der freundlichen Fleischereifachverkäuferin nachgefragt.

Hier der aus dem Gedächtnis wiedergegebene Gesprächsverlauf:
Ich: „Was ist denn in der Hundewurst drin“ 
Die Verkäuferin: „Da sind Innereien drin.“ 
Ich erwiderte: „Ach so. Welche denn und von welchem Tier?“
Sie antwortete: „Oh... das weiß ich nicht. Da muss ich mal meine Kollegin fragen.“
Die Kollegin wusste es auch nicht. Sie waren aber sehr bemüht und holten eine weitere Dame, aus den rückwertigen Lager- bzw. Herstellung- oder Vorbereitungsräumen.
Diese Verkäuferin sprach dann mit mir und versuchte meine Fragen zu beantworten.
Sie sagte direkt: „Da sind Innereien drin. Und Blut. Wie eine Blutwurst.“
Ich fragte wieder: „Welche Innereien von welchem Tier wurden denn verarbeitet?“
Die Verkäuferin: „Da ist Schwein drin und für Menschen ungeeignete Abfallprodukte.  Manchmal auch etwas Rind, aber eigentlich nur Schwein.“
Ich war davon etwas enttäuscht, fragte aber ganz normal weiter: „Und in welchem Verhältnis ist bei den Innereien „was“ genau verarbeitet?“
Sie: „Das ist immer unterschiedlich, je nachdem was hier so anfällt.“
Ich: „Naja aber das müsste doch trotzdem für den Verkauf  korrekt auf dem Etikett deklariert werden. Und Schwein wird ja in der Hundeernährung auch eher nicht gern verwendet. Wie sieht es denn mit Zusatzstoffen aus. Können Sie mir dazu etwas sagen?“
Sie fing dann damit an, mir dieses tolle Produkt sehr überzeug und freundlich anzupreisen: „Zusatzstoffe? Das weiß ich nicht ... aber schauen Sie doch! Das ist doch ein unschlagbarer Preis für 800g Futter! Die Wurst kostet nur 1,99€! Und je nachdem wie groß der Hund ist, haben Sie für 1,99 € zwei bis vier Mahlzeiten! Die Wurst ist auch ganz toll für Katzen geeignet.“
An dem Punkt war ich dann wirklich irritiert. Preist sie mir dieses Produkt jetzt tatsächlich als Alleinfuttermittel an?! – Also sagte ich: „Verkaufen Sie die Wurst als vollwertiges Futter? Da fehlen doch noch so viele Bestandteile. Bei alleiniger Fütterung können die Hunde davon krank werden.“
Sie: „Ja natürlich ist das ein richtiges Futter. Die Kunden lieben es. Und wir bieten ja auch noch andere Dinge an.“Ich frage: „Ach so. – Was denn?“
Sie sagte: „Frische Knochen.“
Ich: „Von welchem Tier? – Auch vom Schwein?“
Sie: „Ja natürlich. Die Hunde mögen das sehr!“
Ich: „Sie sagen Ihren Kunden also, dass sie ihren Hunden rohe Schweineknochen geben sollen? - Hunde sollen kein rohes Schweinefleisch essen.“
Sie: „ Ja natürlich sagen wir das unseren Kunden. Knochen sind  sehr gut für Hunde und für die Zähne. Sie sind ja auch ganz frisch.“
Ich: „Ja, da haben Sie recht: rohe Knochen sind generell „gut“ für Hunde, aber nicht unbedingt rohe Knochen vom Schwein. -  Vielen Dank, dass Sie meine Fragen so geduldig beantwortet haben. Ich wünsch Ihnen noch einen schönen Abend.“
Sie daraufhin: „Ja gerne doch. – Aber wollen Sie gar keine Wurst mitnehmen?“
Ich: „Nee danke, aber ich glaub das ist nicht das Richtige für meinen Hund. – Auf Wiedersehen.“

Ich möchte an dieser Stelle gern betonen, dass der Metzger generell ein sehr guter und in der Region sehr beliebter Metzger ist. Die Wurst schmeckt. Das Fleisch auch. An seiner Kompetenz bezüglich seines Metzgerhandwerkes habe ich nichts auszusetzen.  – Nur sollte man sich als Hundehalter tatsächlich von einem Metzger zum Thema Hundefutter beraten lassen? – Sollte ein Metzger, der sich vermutlich nie mit der Zusammenstellung von hochwertigem Hundefutter auseinander gesetzt hat, einfach aus einer Laune heraus Hundefutter herstellen und dieses als Alleinfuttermittel anpreisen dürfen? – Ich denke nicht! Und da macht es für mich auch keinen Unterschied, ob die meiner Meinung nach mangelhafte „Beratung“ durch mein Gegenüber vorsätzlich oder aus Unwissenheit falsch war. Die Informationen zur Fütterung waren so einfach nicht korrekt. Punkt. Und das ist nicht in Ordnung.

Was muss als auf einem korrekten Etikett stehen?

Die Auflistung darüber, welche Informationen beim Verkauf von Heimtierfuttermittel angegeben werden müssen, sind  unter anderem in der Verordnung (EG) Nr. 767/2009 des Europäischen Parlaments für das „Inverkehrbringen und die Verwendung von Futtermitteln“ geregelt.

Auf den Etiketten, von für den Verkauf geeigneten Futtermitteln, müssen vom Hersteller folgende Angaben gemacht werden:

a.       Verwendungszweck (in diesem Fall Tierfutter)

b.      Analytische Bestandteile (Rohasche, Rohprotein, Rohfett, Rohfaser in Prozent)

c.       Futtermittelart (Einzelfuttermittel, Alleinfuttermittel, Ergänzungsfuttermittel)

d.      Herstellerangaben (Name des Herstellers)

e.      Masse bzw. Volumen (Gewicht in Gramm oder Kilogramm , bzw. Liter)

f.        Inhaltsstoffe/ Zusammensetzung (von welchem Tier: Rind, Huhn, Fisch usw.)

g.       Zusatzstoffe, wenn vorhanden (Zucker, Farbstoffe, Konservierungsstoffe)

h.      Mindesthaltbarkeitsdatum

Es gibt generell zwei Formen der Deklaration:

1.       die geschlossene Deklaration

2.       die offene Deklaration

Der Unterschied liegt darin, dass in der geschlossenen Deklaration die Inhaltsstoffe als Gruppen zusammengefasst (enthält Rind, Huhn, Fisch, Getreide) und bei der offenen Deklaration alle Zutaten einzeln mit Mengenangaben (enthält 50% Rindfleisch, 10% Hühnerherzen, 5% Rinderleber) aufgelistet werden.

Im Bezug auf die oben erwähnte Hundewurst bedeutet das also, dass folgendes auf dem Etikett deklariert werden muss:

Hersteller (Name des Metzgers)
Verwendungszweck: Tierfutter
Inhaltsstoffe*: „Schweinefleisch“, Schlachtabfälle vom Schwein wie Innereien usw.
Zusatzstoffe*: Zucker?, Farbstoffe? Emulgatoren? Geschmacksverstärker? Gewürze?
Analytische Bestandteile*: Rohasche %, Rohprotein %, Rohfett % , Rohfaser %
Gewicht: 800 g
Preis:  1,99€
Haltbarkeitsdatum

*Es gab hier von den Verkäuferinnen keine genauen Angaben.
Nur die „fett“ geschriebenen Angaben waren tatsächlich auf dem Etikett vorhanden.

Aber was bedeutet das nun für den Hund?

Ein Hund der ab und an eine solche Wurst frisst, wird daran nicht sterben. Es muss einfach jeder Hundehalter selbst entscheiden, ob und wie viel von ähnlichen o.g. Produkten gelegentlich, z.B. als Leckerli, verfüttert werden sollen oder nicht. – Ein Hund, der aber ausschließlich mit solch einer Wurst ernährt wird, wird früher oder später Mangelerscheinungen bekommen und krank werden.

Um einen kleinen Überblick zu verschaffen, werde ich nur einige Beispiele nennen:

Mangel an Fett

Mangel an Eiweiß, Proteinen

Vitaminmangel

Meiner Meinung nach, dürfte etwas, dass so unzureichend deklariert ist überhaupt nicht verkauft werden. Und es darf auch nicht mündlich empfohlen werden, dass dieses Produkt als Alleinfuttermittel geeignet ist.

Als Verbraucher hat man das Recht auf eine gleichbleibende Qualität und man hat das Recht darauf, auf einen Blick zu erfahren, was alles drin steck  im Produkt. Es wird doch möglich sein wenigstens die grobe Zusammensetzung anzugeben.

Und wie sagt man so schön „Schuster – bleib bei deinen Leisten!“. Ein kompetenter, guter Metzger und eine kompetente Fleischereifachverkäuferin kennen sich nicht zwangsläufig auch mit der Ernährung von Hunden und Katzen aus – nur weil beides mit Fleisch zu tun hat. Ich find es ja generell toll, dass es dieses Angebot immer häufiger gibt, aber dann doch bitte richtig und nicht nach Lust und Laune.

Es gibt mittlerweile viele Metzger, die diese Waren anbieten und diese „richtig“ auszeichnen und auch angemessene Zusammensetzungen verwenden. Auch im Fachhandel gibt es viele Würste die man verfüttern kann ohne ein „schlechtes Gewissen“ haben zu müssen.

Fazit: Lest euch immer die Zusammensetzung durch, egal ob bei Industriell gefertigten Waren oder beim Metzger von Nebenan. Wenn euch Informationen fehlen, dann fragt nach. Wenn niemand weitere Angaben machen kann und ihr euch unsicher seid, dann kauft das Produkt einfach nicht. Informiert euch selbst ausführlich zu dem Thema Fütterung, dann kann euch auch kein Verkäufer falsch beraten.
Würde ich nicht im Futter-Thema stecken, hätte ich der freundlichen und vom Produkt überzeugten Verkäuferin vielleicht auch jedes Wort geglaubt. Und an die Metzger appelliere ich auch: wenn ihr Futter und Hundewürste herstellt, deklariert diese richtig, informiert euch zum Thema Haustierfütterung und nehmt hochwertige Produkte. Auch wenn die Wurst dadurch teurer ist, werden die Kunden das Produkt weiterhin kaufen, denn sie haben dann die Gewissheit ihrem Hund damit etwas Gutes zu tun.